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1/2024

Buchrezension:

Ulrich Brandl: Unser Kind hat Epilepsie. Ursachen, Behandlung, Auslöser, Alltag.

Wie Sie Ihr Kind stark machen - der Elternratgeber für ein möglichst normales Leben

Brandl legt die Neuauflage seines ressourceorientierten Elternratgebers in dem Motiv vor, Epilepsie im Griff zu haben. Tatsächlich haben viele Eltern eher das Gefühl, dass die Epilepsie sie im Griff habe. Epileptische Anfälle lösen nicht selten bei Beobachtenden Todesängste aus.

Ein Prozent aller Kinder haben zeitweise eine Form der Epilepsie. Für sie und ihre Eltern ist diese Krankheit furchteinflößend und bedeutet eine große Herausforderung im Alltag. Viele möchten alles tun, um den nächsten Anfall zu vermeiden. Brandl erklärt Eltern, wie sie das selbst beeinflussen und stellt Präventivmaßnahmen vor.

Der Ratgeber ist logisch aufgebaut, Kernaussagen sind farblich abgesetzt, etliche Abbildungen illustrieren den Text. Zunächst hilft er, Anfälle einzuordnen und spart auch nicht an der aktuellen ILAE-Klassifikation, der Klassifikation zur Einteilung epileptischer Anfälle und Epilepsien der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE). Weiter geht es mit Behandlungsmethoden für Kinder: Medikamente, Ernährung, OP, neue Therapien und schließlich das wichtige Thema Schule, Sport und Freizeit: So ermöglichen Sie Ihrem Kind weitestgehende Normalität.

Der praktische Leitfaden aus Sicht eines Universitätsprofessors offenbart nur wenige Schwächen. Beispielsweise wird bei Gewichtszunahme aufgrund von Dauermedikation die Kompensation durch mehr Bewegung empfohlen, was nicht nur unrealistisch, sondern auch eine Mindermeinung ist. Im Gegenteil: Ernährungstherapie für Kinder hat klar aufgezeigt, dass gegen ungünstige Nahrungsmittelauswahl auch mit noch so viel Bewegung nicht anzustrampeln ist. Brandl bläst also hier ins Horn der Nahrungsmittelindustrie. Daß er dabei mit beispielsweise Michelle Obama in vermutlich guter Gesellschaft ist, macht die Aussage nicht weniger problematisch. Gerade die Ernährung, die ja in besonderem Maße in der Hand der Eltern ist, sollte in einem Elternratgeber eine herausragende Rolle spielen. Dazu könnte auf Ernährungsberatung und -therapie als Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen in Form der Präventionsempfehlung genauso hingewiesen werden, wie auf Optionen der Rehabilitation unter besonderer Berücksichtigung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

Stark ist der Ratgeber in seiner engagierten Fürsprache einer weitgehend unbehinderten Teilhabe an Freizeitaktivitäten. Die sind zwar in der Praxis oft schwer umzusetzen, wie die 1:1 Betreuung beim Schwimmen, sollten aber jeder grundversorgenden Kinder- und Jugendärztin und -arzt ein Herzensanliegen sein. Ein weiteres praktisches Problem wird eher gestreift: Die Beratung und Prävention des plötzlichen Epilepsietodes im Kindesalter (SUDEP). Hier wäre ein Verweis auf eine aktuelle Stellungnahme zu den Risiken kindlicher Epilepsie, wie auf https://www.zentrum-kinderneurologie.de/aktuelles.html zu finden, sinnvoll.

Insgesamt liegt mit dem Ratgeber eine empfehlenswerte Veröffentlichung vor, die die wichtige Elternarbeit im Bereich Neuropädiatrie nachhaltig unterstützen kann. Sie sollte in keiner öffentlichen Bibliothek fehlen.

Biografie
Ulrich Brandl ist Hochschullehrer. Er leitete zuletzt die Abteilung Neuropädiatrie an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Jena.

Folkert Fehr

Ulrich Brandl: Unser Kind hat Epilepsie.
ISBN: 9783432117584
Umfang: 120 Seiten
TRIAS 4.10.2023
24.99 €