Häufig fordern Kreditgeber bei einer Kreditaufnahme die Abtretung sämtlicher Honorarforderungen des Arztes. In solchen Fällen bieten sich natürlich besonders die Honoraransprüche gegen die Kassenärztliche Vereinigung an. Aber ist das überhaupt zulässig?
Das Problem…
… dabei ist allerdings, dass diese Praxis von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) jahrelang zu Lasten ihrer Mitglieder erheblich eingeschränkt und erschwert wurde. Denn nach Ansicht der KVen waren Forderungsabtretungen ihrer Mitglieder an Dritte nur dann wirksam, wenn es sich beim Empfänger der Abtretung um ein Kreditunternehmen handelte und außerdem die Abtretung vorher schriftlich angezeigt wurde. Bei anderen Fällen der Abtretung griffen häufig die in den Satzungen der KVen geregelten ausdrücklichen Abtretungsverbote.
Begründet wurden die Abtretungsverbote vor allem damit, dass die Abtretung von Honoraransprüchen eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht darstelle. Patientendaten würden widerrechtlich – da ohne Zustimmung der Patienten – gegenüber dem Kreditgeber offenbart.
Das BSG stellt sich hinter die Ärzteschaft
Im Streit um diese Frage sprang das Bundessozialgericht (BSG) der Ärzteschaft bei und erklärte die Abtretungsverbote der KVen in mehreren Verfahren für ungültig. Die Richter schoben damit Abtretungsverboten schlicht den Riegel vor.
Einer dieser Entscheidungen lag der Fall eines Zahnarztes zugrunde, der seine Honorarforderungen gegen die KZÄV an seinen Vater abgetreten hatte. Dieser hatte ihm zuvor Kredite in größerem Umfang gewährt. Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht stuften den Abtretungsausschluss als rechtmäßig ein.
Das BSG hingegen gab dem Zahnarzt Recht. Es bestätigte, dass der Vater Gläubiger der Honorarforderungen geworden sei und stellte klar, dass es nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sei, dass Ärzte durch das Abtretungsverbot derart benachteiligt würden. Für die Richter sei nicht erkennbar und von den KVen auch nicht näher belegt, dass die Abtretung an eine Person, die kein Kreditunternehmen ist, mit besonderen Risiken oder Nachteilen behaftet wäre.
Doch wie sieht es denn mit der möglichen Verletzung der Ärztlichen Schweigepflicht aus?
Auch einen Verstoß gegen die berufliche Verschwiegenheitspflicht sahen die Richter nicht. Denn dass ein Abtretungsempfänger durch die Abtretung Zugriff auf die der Honorarforderung zugrundeliegenden (patientenbezogenen) Informationen erhalte, beträfe – wenn überhaupt – nur privatärztliche Honorarforderungen. Bei diesen müssten im Zweifel die Rechnungen an den Patienten offen gelegt werden, um den Umfang der abgetretenen Honorarforderung zu bestimmen bzw. diese durchsetzen zu können. Das sei der Unterschied zur Abtretung eines vertragsärztlichen Honoraranspruchs. Denn im Regelfall sind weder im Honorarbescheid (zumindest nicht in der Zusammenfassung) noch in den Mitteilungen über die Abschlagszahlungen Informationen über bestimmte Patienten enthalten.
Fazit
Durch seine Entscheidungen betont das Bundessozialgericht die Berufsfreiheit der Ärzte und stärkt ihnen den Rücken. Zwar steht es den Kassenärztlichen Vereinigungen frei, Regelungen für den Fall der Abtretung von Honorarforderungen der Vertragsärzte zu treffen. Jedoch schränkt ein generelles Abtretungsverbot die Berufsausübung ihrer Mitglieder unverhältnismäßig ein.
Vertragsärzte sind deshalb nicht mehr darauf beschränkt, Kredite nur über Kreditunternehmen abzuschließen. Sie können sich diese Kredite auch von anderen Personen / Institutionen gewähren lassen und diese durch Abtretung ihrer Honorarforderungen gegen die KV absichern.
Mirja Trautmann
Mirja Trautmann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht
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