Dr. Rudolf von Butler, niedergelassener Kinder- und Jugendarzt in Esslingen und Susanne Schwarz, medizinische Fachassistentin in derselben Praxis, berichten von ihren Erfahrungen.
Frau Schwarz, wie läuft eine Praxisbegehung durch das Regierungspräsidium ab?
Der Besuch wird etwa sechs Wochen vorher per Brief angekündigt. In dem Schreiben wird mitgeteilt, welche Bereiche kontrolliert werden und welche Unterlagen die Behörde einsehen möchte. Diese müssen vorab per Post an das Präsidium geschickt werden. Wenn dann der Prüfer in die Praxis kommt, werden diese Unterlagen nochmals gemeinsam durchgegangen, alle relevanten Punkte abgehakt und gegebenenfalls noch offene Punkte besprochen. Daran folgt eine gemeinsame Begehung der Praxisräume und Beantwortung von Fragen.
Wie lange dauert die Begehung?
Dieses Mal ging es schnell, der Besuch hat alles in allem etwa eine halbe Stunde in Anspruch genommen. Die Vorbereitung war jedoch aufgrund der Menge an angeforderten Dokumenten zeitintensiv. Wir haben den Stapel Papier auf die Waage gelegt und er ergab ein Paket mit einem halben Kilo Gewicht. Es dauert, bis man dies alles zusammengestellt hat. Doch je sorgfältiger man in der Vorbereitung ist, desto reibungsloser läuft dann der Besuch in der Praxis ab.
Wie ist die Atmosphäre?
Eher angespannt. Man selbst steht ebenfalls unter Anspannung, ob man alles berücksichtigt hat und wirklich alles den Anforderungen entspricht.
Wo sind mögliche Fallstricke?
Wichtig ist, das Qualitätsmanagement bzw. den Hygieneplan immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Wenn man nach der Besuchsankündigung beginnen muss, in der Dokumentation Änderungen nachzutragen, wird es herausfordernd, die Einreichfrist einzuhalten. Man sollte zudem die Haltbarkeitsdaten nicht nur von Seifen und Desinfektionsmittel, sondern auch von medizinischen Produkten und Einmalgeräten wie Kanülen etc. regelmäßig kontrollieren. Und außerdem das Anbruchsdatum der Reinigungsprodukte im Blick behalten. Wurde die Flüssigseife bereits vor einem halben Jahr angebrochen, kann das den Eindruck erwecken, dass man es mit dem Händewaschen in der Praxis nicht so gründlich nimmt. Auf solche Details wird bei der Begehung sehr genau geachtet.
Wer überprüft bei Ihnen in der Praxis die Aktualisierung und Einhaltung des Hygieneplans? Ist eine oder einer der Mitarbeiter:innen mit dem Qualitätsmanagement beauftragt?
Für das Qualitätsmanagement bin ich verantwortlich. Ich habe dafür eine Qualifikation über eine Fortbildung erlangt, denn mir lag daran, die Hintergründe für die einzelnen Vorschriften zu verstehen. Der Hygieneplan ist bei uns in der Praxis auf jedem Rechner hinterlegt, so dass ihn alle aus dem Team jederzeit einsehen können.
Herr von Butler, Sie bieten an, Praxen bei der Kontrollbegehung durch die Behörde zu begleiten. Warum?
Wir haben bereits einmal eine negative Erfahrung gemacht. 2018 sind wir in neue Räume umgezogen, in denen davor keine Praxis, sondern die Filiale einer Drogeriemarktkette war. Wir führen neben unserem Blutlabor noch ein Urinlabor, daher habe ich dem Gesundheitsamt Esslingen mitgeteilt, dass wir biologische Proben bebrüten, also nicht nur einen Abstrich nehmen und diesen umgehend ins Labor schicken, sondern den auffälligen Urin über Nacht in einem Brutschrank bebrüten und damit Krankheitserreger vermehren.
Das Regierungspräsidium Stuttgart hat diesen Umstand zum Anlass genommen, zu überprüfen, ob unsere Räume grundsätzlich für eine Praxis geeignet sind und dann eine Schwierigkeiten auslösende Begehung gemacht. Der Prüfer war darauf aus, Probleme zu finden und Sachverhalte aufzublähen. Aus der geplanten einstündigen Begehung wurden 2–3 Stunden.
Zu den Mängeln, die er gefunden hatte, gehörte, dass die damals von uns im Blutlabor benutzte Sterilisierungstechnik (Heißluft) nicht mehr den europäischen Regeln genügte. Nachdem er die Praxis verlassen hatte, entfernte ich umgehend den Sterilisator aus dem Regal und machte ihn unbrauchbar. Zwei Stunden später stand der Mann plötzlich wieder in der Praxis, ging unter dem Vorwand, seine Jacke vergessen zu haben, an der Anmeldung vorbei ungefragt ins Labor, um zu überprüfen, ob wir den Sterilisator noch verwendeten.
Im Anschluss wurde das Regierungspräsidium Tübingen, welches in Baden-Württemberg die Laborräume in Kliniken und Praxen überprüft, eingeschalten, um unsere beiden Labore zu kontrollieren. Für diese Begehung habe ich dann bei der KVBW angefragt, ob mich jemand von neutraler Seite unterstützen könnte, damit die Situation nicht so eskaliert, wie beim ersten Mal. Diese Begehung verlief dann auch sehr sachlich. Die Gutachterin war gut vorbereitet. Sie kannte bereits durch den Bauplan unsere Räumlichkeiten und hatte sich im Vorfeld die ihr zugeschickten Dokumente angesehen. Sie sah sich alles an, stellte Fragen und gab ihre Zustimmung zu dem, wie wir es machen.
Wie häufig muss man in etwa mit einer Begehung rechnen?
Da wir Krankheitserreger vermehren, sind wir standardmäßig gelistet – das bedeutet, wir stellen uns darauf ein, alle fünf Jahre einer Überprüfung unterzogen zu werden. Die erste steckt uns heute noch in den Knochen.
Wie lautet Ihr Angebot?
Wer so etwas auf sich zukommen sieht, und Unterstützung braucht, wenn eine Praxisbegehung angekündigt ist, kann sich an mich wenden.
Das Interview führte Susanne Schöninger-Simon
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